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Die gute Seele des SV Berau

| Alexander Jehle
Ehrenvorsitzender Dieter Jehle, seit 50 Jahren Mitglied beim SV Berau, war viele Jahre im Vorstand aktiv und hilft heute noch, wenn er gebraucht wird.

SÜDKURIER-Serie: (von Michael Neubert)

Dieter Jehle (68) hat den Werdegang des 1955 gegründeten Vereins entscheidend mitgeprägt.

Entspannt sitzt Dieter Jehle (68) am Tisch in seinem Eigenheim in Berau. Er nippt am einer Tasse Kaffee und genießt die Ruhe um ihn herum. Der rüstige Rentner blättert in der Chronik des SV Berau. Jener Verein, in dem er seit 50 Jahren Mitglied ist. Fast zwei Jahrzehnte stand er als stellvertretender Vorsitzender und auch als Vorsitzender mit an der Spitze. Das Titelblatt des umfassenden Werks über die Vereinsgeschichte zeigt alle Aktiven um das blau-weiße Emblem mit der Zahl des Gründungsjahrs. Jehle ist vertieft und schwelgt in Erinnerungen.

Er kann sich noch lebhaft an sein erstes Spiel im Trikot des Vereins, der zu so was wie seiner zweiten Heimat geworden ist, erinnern: „Es war das erste A-Jugendspiel, in Waldshut unten.“ Er lehnt sich zurück, überlegt kurz, lacht und erzählt: „Wir haben mit 0:17 verloren. Unsere Erste hat gleich danach gespielt und mit 0:15 verloren.“ Ja – mit 0:32 seien die Berauer damals nach Hause gefahren. Heute mit 50 Jahren Abstand kann Dieter Jehle gelassen, entspannt und mit einer Portion Humor betrachten. Zuvor sei die Jugendarbeit vernachlässigt worden. Erst als Jehle mit 17 Jahren angefangen hat, sei es wieder richtig aufwärts gegangen.

Die „Packung“ hat dem SV Berau und Jehle offensichtlich nie geschadet. Im Gegenteil: Dem Verein geht's gut, die Mannschaften haben Erfolg und Jehle hilft heute noch, wenn er gebraucht wird. Als Platzkassierer dreht er mit Horst Küpfer seine Runde und schaut, dass jeder Zuschauer den Eintritt bezahlt. Er weiß, dass so ein kleiner Verein wie der SV Berau jeden Cent braucht.

Damals in der Schmittenau hat Jehle noch nicht daran gedacht, dass er einmal an der Spitze des Vereins steht. Geschweige denn so lange aktiv beim SV Berau mitarbeiten würde. Der heute 68-Jährige, in seiner aktiven Zeit als „pickelharter“ Verteidiger gleichsam geachtet und gefürchtet, hat früh mit Fußball aufhören müssen. Mit 29 war Schluss. „Ich bin am Meniskus operiert worden. Es hat keinen Wert mehr gehabt“, erzählt er. Ein bisschen Wehmut schwingt in seiner Stimme mit.

Vielleicht hätte er gerne noch ein paar Jahre gespielt. Bestimmt sogar. Er redet, als sei erst gestern gewesen: „Das war lustig damals.“ Jehle erinnert sich: Als er noch aktiv gespielt habe, sei noch gesungen worden. Jetzt muss er lachen: „Wir haben eigentlich mehr gefeiert, wenn wir verloren haben.“ Natürlich habe es ein Auf und ein Ab gegeben, erinnert sich Jehle: „Das erlebt jeder.“

Nach zwölf Jahren als Fußballer ist es zunächst einmal ruhig geworden um Dieter Jehle. Bis 1978, als er den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden angenommen hat. 1991 hat er den Vorsitz übernommen. Wie das geschehen ist? Er erzählt es locker, als sei es normal: „Es ist gewählt worden. Keiner hat es machen wollen. Dann habe ich gesagt: Ich mach' es halt.“ Er zuckt mit der Schulter, als sei damals selbstverständlich gewesen. Er gesteht: Der Verein habe damals noch nicht so viele Mitglieder gehabt, erst später seien die Untergruppen dazu gekommen.

Während seiner Zeit im Vorstand und unter seiner Regie ist eine Menge passiert im Verein. 1983 der Hartplatzbau beim Wasserschloss. 1985 der Vereinsheimbau. Stolz erzählt Jehle: „Alles in Eigenleistung.“ Monatelang war er mit seinem Kollegen Jupp Hindsches jeden Samstag bis abends auf dem Sportplatz. „Unsere Frauen haben den Kaffee hoch gebracht“, berichtet er. Seine Frau Erika sitzt dazu und scherzt: „Ja, damals haben wir Frauen gesagt: Willst Du Deinen Mann kurz seh'n, musst Du auf den Sportplatz geh'n.“

A propos: Seine Frau ist ein richtiger Fußballfan geworden. Jehle erklärt, dass sie aus einer Familie stamme, die mit Fußball gar nichts zu tun hatte. Irgendwie hatte sie wohl keine Wahl gehabt. Zumal auch alle drei Söhne Fußballverrückte sind. Alexander Jehle ist Kassierer im Verein, Reiner Jehle zusammen mit Patrick Isele Vorsitzender und der Jüngste, Thomas, ist Torwart in der ersten Mannschaft.

1989 wurde der Sportplatz saniert. Jehle weiß: „Das hat alles viel Geld gekostet.“ Dennoch habe der Verein immer genug Geld in der Kasse gehabt. Damit die stimmt, muss der Verein einige Veranstaltungen organisieren.

Jehle blättert weiter in der Chronik und sagt: „Schau mal: Jehle, Jehle, überall Jehle.“ Seit der Gründung 1955 habe es nicht viele Jahre gegeben, in denen kein Jehle dabei gewesen sei. Und Dieter Jehle ist stolz darauf, dass Alexander und Reiner im Vorstand mitarbeiten.

Irgendwann ist dann Schluss gewesen. Heute noch denkt er gerne an die „gute, alte Zeit“ zurück. „Es war eine schöne Zeit. Sonst wäre ich wahrscheinlich nicht mehr dabei.“ Er erinnert sich an schöne Ausflüge, viele Feste mit den Vorstandskollegen, tolle Aufstiegsfeiern mit der Ersten. Und die Frauen seien immer dabei gewesen. Jehle: „Wir haben einen Vorstand gehabt, der echt super war.“ Er weiß, dass er es alles ohne die Unterstützung der Familie nicht funktioniert hätte.

Für seine Verdienste Dieter Jehle nach dessen Verzicht auf eine weitere Kandidatur 1995 vom SV Berau zum Ehrenmitglied ernannt. Das ist offensichtlich Ansporn genug gewesen, um weiter hinter den Kulissen mitzuarbeiten. Jehle ist einer der anpackt, nicht lange zögert, wenn er gefragt wird, nicht redet, sondern handelt. Im Moment wird das Vereinsheim umgebaut und saniert. Jehle sagt: „Die beiden Vorsitzenden kennen meine Telefonnummer ganz genau. Wenn was ist, bin ich dabei.“ Uns ist sein Bruder Ottmar, Vereinsheimwirt, mal im Urlaub, hilft Dieter Jehle gerne aus. Und er schaut sich die Spiele der Berauer Mannschaften an, wann immer er Zeit hat. Sein Herz hängt am Verein und er fiebert mit.

Auch jenseits des Fußballgeschehens war und ist Dieter Jehle aktiv. Seit 25 Jahren spielt den Es-Bass beim Berauer Musikverein und ist dort natürlich ebenfalls Ehrenmitglied. Zehn Jahre war er im Ortschaftsrat, Mitte der 1980er Jahre stellvertretender Vorsitzender im Angelsportverein Witznau. Jehle lacht und sagt: „Und das reicht.“

Der Sportverein weiß, was er an Dieter Jehle hat und hat ihn kürzlich zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Der Geehrte bleibt bescheiden: „Weil ich helfe und immer noch was mache.“

Quelle: Südkurier


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